Samstag, 24. Januar 2009
 
Kampf um Lieder auf dem Fußballplatz PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Teach Dáithi Ó Conaill   
Montag, 17. Dezember 2007

Der irische Bürgerkrieg ist beigelegt. Doch jetzt bricht der Konflikt zwischen Loyalisten und Republikanern ausgerechnet auf einem schottischen Fußballfeld wieder auf.

Celtic Glasgow: Angriffe auf Vergangenheit und Gegenwart der irischen Gemeinschaft Anfang Dezember 2007 wurde John Reid zum Vorsitzenden des schottischen Fußballklubs Celtic Glasgow ernannt. Reid war Sekretär im Verteidigungsministerium, sowie 2003 Kabinettsminister in London und in dieser Funktion tatkräftig an der Invasion und Okkupation des Irak und Afghanistans beteiligt. Für einen großen Teil der hoch politischen, anti-imperialistischen und republikanischen Fanszene von Celtic Glasgow ein Affront. Einen Tag später leitete der schottische Regierungschef Alex Salmond von der Scottish National Party (SNP) den Beginn einer einen Monat dauernden Kampagne unter dem Titel Kick-Out Bigotry ein.

Einen Sturm der Entrüstung in den bürgerlichen Medien Großbritannien löste aber Jeanette Findlay von der Universität Glasgow aus, als sie das Absingen von republikanischen Liedern aus dem irischen Freiheitskampf öffentlich unterstützte.

Findlay ist Research Fellow, Wirtschaftslektorin und Co-Direktorin des Football Research Centre an der Universität von Glasgow, sowie Vorsitzende des Celtic Trust. Der Celtic Trust ist eine der ältesten Aktionärsvertretungen Schottlands und vertritt kleine AnlegerInnen von Celtic Glasgow. Er hat knapp über 200 Mitglieder.

„Die Geschichte lehrt uns“, so Findlay, „dass es stark vereinfacht ist, zu behaupten, dass Politik und Sport immer getrennt sind.“ Celtic Glasgow „wurde gegründet, um den armen irischen Immigranten in Schottland zu helfen“, viele ihrer Nachkommen unterstützen den Klub, der als Klubfarbe Irlands Grün und als Logo das irische Nationalsymbol, das Kleeblatt, trägt. Celtic Glasgow ist der Fußballclub mit der größten AnhängerInnenschaft in Irland. Die engen Verbindungen der Fanszene zum irischen Republikanismus bestehen seit Jahrzehnten.

Der Trust lehne die Ernennung Reids zum Vorsitzenden von Celtic wegen dessen führender Rolle „in Verbindung mit dem, was viele als illegalen und unmoralischen Krieg bezeichnen“ ab, erklärte Findlay. Auf die polemische Frage der BBC, was sie mehr ablehne, das Singen „pro-terroristischer Lieder“ oder die Ernennung Reids, entgegnete Findlay: „Sie können eine besondere Sicht auf die Geschichte haben, auf das, was in Irland passierte, die unterschiedlich zu der Sicht vieler Leute sein wird. Ich selbst bezeichne diese Lieder nicht als pro-terroristisch. Viele dieser Lieder handeln von etwas, das eindeutig ein Unabhängigkeitskrieg, der über hundert Jahre zurückgeht, war.“

Dr. Findlay wurde nach der BBC-Radiosendung sofort von Regierungsseite, den Medien und LoyalistInnen angegriffen. Eine Sprecherin der schottischen Regierung, die von der sich selbst als „nationalistisch“ und „anti-imperialistisch“ bezeichnenden SNP geführt wird, erklärte: „Ihre (Findlays, Anm.d.Red.) verabscheuungswürdigen Ansichten haben keinen Platz in einem modernen, nach vorne blickenden Schottland. Die Leute in Schottland haben genug von solchem Fanatismus.“

Anders sieht das erwartungsgemäß die Republican Sinn Féin in Dublin, die der schottischen Wissenschaftlerin in einer Erklärung beisprang: „Unsere Freiheitslieder tragen ins sich eine Botschaft, nicht von religiöse Intoleranz und Hass, sondern von Überleben, dem Kampf von Freiheit gegen Tyrannei und Genozid und gegen scheinheilige Gesetzgebungen und despotische Regierungen. Die letzten Angriffe auf unsere Lieder sind moralisch falsch und nicht mehr als eine kosmetische Übung zur Beschwichtigung der FanatikerInnen innerhalb der schottischen Gesellschaft, die am liebsten hätten, wenn die irische Gesellschaft in Schottland nicht existieren würde“.

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